Gliedertaxe & Invaliditätsgrad in der Unfall­versicherung

Marc Hoffmann-Schulz
6 Min Min. Lesezeit

Verlieren Sie beim Silvesterfeuerwerk Ihr Sehvermögen oder kommen Sie nach einem Sturz von der Leiter nicht wieder auf die Beine, kann eine private Unfall­versicherung Hilfe leisten. Für die Höhe der Zahlung ist das Ausmaß Ihrer dauerhaften Beeinträchtigung mit entscheidend. Was bedeuten Invaliditätsgrad und Gliedertaxe in diesem Zusammenhang?

Veröffentlicht am 21. Dezember 2023

Ein Mann und eine Frau gehen wandern und halten sich an der Hand.

Kurzer Überblick

  • Die Absicherung bei Invalidität – einer dauerhaften körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung als Folge eines Unfalls – ist der Kern der privaten Unfall­versicherung.
  • Der Invaliditätsgrad benennt das Ausmaß dieser Beeinträchtigung. Vom Grad Ihrer Invalidität hängt ab, wie hoch die Kapitalleistung Ihrer privaten Unfall­versicherung ausfällt.
  • Generell ordnen Versicherer den Invaliditätsgrad anhand einer Tabelle, der sogenannten Gliedertaxe, ein. Die Gliedertaxe listet mögliche Einschränkungen an verschiedenen Teilen des Körpers auf und gibt die jeweilige Versicherungsleistung in Prozent an.
  • Jeder Versicherer nutzt eine eigene Gliedertaxe. Schließen Sie eine private Unfall­versicherung ab, ist diese Tabelle Bestandteil Ihrer Police.
  • Eine zusätzliche Komponente der privaten UV kann die Versicherungsleistung bei schweren Verletzungen vervielfachen: die Progression.
Gliedertaxe und Invaliditätsgrad

Was steckt dahinter?

Plötzlich ist nichts mehr wie zuvor: Invalidität kann jeden treffen.

Beim Rasenmähen sind Sie einen Moment unachtsam – schon fräst sich das Schermesser in Ihren Fuß. An Silvester halten Sie die Zündschnur der Rakete zu lang fest – die Fontäne sprüht Ihnen direkt in die Augen, Ihre Hand erleidet schwere Verbrennungen.

Der Fuß, das Augenlicht, die Hand: Sind Sie nach einem Unfallereignis dauerhaft mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen konfrontiert, kann privater Unfallschutz finanzielle Engpässe auffangen. Denn die Leistung bei Invalidität ist das A und O der privaten Unfall­versicherung.

Wie errechnet sich die Versicherungsleistung?

Eine private Unfall­versicherung können Sie exakt nach Ihren Bedürfnissen und passend zu Ihrer Lebenssituation gestalten. Wichtige Weichen für Ihren Unfallschutz stellen Sie somit selbst: durch die individuelle Wahl der Grundsumme und der Leistungen. Die konkrete Einstufung einer unfallbedingten körperlichen Einschränkung übernimmt Ihr Versicherer. Mehrere Aspekte spielen bei der Berechnung der Versicherungsleistung zusammen:  

  1. In Ihrer Police legen Sie selbst vorab die Versicherungssumme fest. Diese Grundsumme ist die Basis für die Berechnung einer Leistung im Versicherungsfalle.

  2. Entscheidend für die Höhe der Zahlung ist der Grad Ihrer dauerhaften Beeinträchtigung nach einem Unfall: der Invaliditätsgrad.

  3. Jeder Anbieter legt anhand einer Tabelle fest, wie er die jeweiligen Einschränkungen einstuft und im Versicherungsfalle vergütet: Körperteile, aber auch Sinnesorgane sind mit Prozentwerten verknüpft und in der sogenannten Gliedertaxe aufgelistet.

  4. Haben Sie im Versicherungsvertrag zusätzlich zum gewählten Tarif eine Progression vereinbart, können Sie von überproportional steigenden Leistungen profitieren.
Eine Frau mit gebrochenem Fuß sitzt auf dem Sofa und kuschelt mit ihrem Hund.

Aus der gewählten Grundsumme und dem Invaliditätsgrad ergibt sich die Invaliditätssumme.

Das gibt der Invaliditätsgrad an

Sind Sie in Folge eines Unfalls dauerhaft körperlich oder geistig geschädigt, drehen sich alle Versicherungsansprüche um den sogenannten Invaliditätsgrad. Warum? Den Grad einer dauerhaften Beeinträchtigung nach einem Unfall bezeichnen Versicherer als Invaliditätsgrad. Sowohl körperliche als auch geistige Unfallschäden werden in dieser Weise bemessen. Versicherer stufen den Invaliditätsgrad entsprechend ihrer Gliedertaxe ein oder auf Basis eines ärztlichen Gutachtens.

Grundsätzlich gilt: Je schwerer eine Beeinträchtigung ist, desto höher fällt der Invaliditätsgrad aus und desto mehr Leistung erhält die versicherte Person als Invaliditätsleistung. Ihre private Unfall­versicherung zahlt Ihnen die entsprechende Invaliditätssumme in Form einer Kapitalleistung aus. Das bedeutet beispielsweise: Bei einer Invalidität von 50 Prozent erhalten Sie die Hälfte der vereinbarten Versicherungssumme.

Die Gliedertaxe in der Unfallversicherung

Werfen Sie einen Blick in die Unterlagen Ihrer privaten Unfall­versicherung, finden Sie eine Tabelle: die Gliedertaxe. Hier sind einzelne Körperteile und Sinnesorgane mit Prozentwerten verknüpft. Ihr Versicherer legt damit fest, wie gravierend die Einschränkungen bei vollständiger Funktionsunfähigkeit oder Verlust des jeweiligen Körperteils sind. Dementsprechend fällt Ihre Versicherungsleistung aus. Erleiden Sie hingegen einen Teilverlust oder eine teilweise Funktionsbeeinträchtigung, legt Ihr Versicherer für die Berechnung der Leistung den entsprechenden Teil des Prozentsatzes zugrunde.

Entscheidend ist: Die gesundheitlichen, unfallbedingten Einschränkungen müssen von Dauer sein. Denn die private Unfall­versicherung greift bei Invalidität.

Jeder Unfallversicherer gewichtet die Beeinträchtigungen an Körperteilen oder Sinnesorganen nach eigenem Ermessen. Das heißt: Es gibt kein einheitliches Raster für die Gliedertaxe. Die Gliedertaxe variiert von Anbieter zu Anbieter. Deshalb sollten Sie die Angebote vor Vertragsabschluss vergleichen und auswählen, welche Leistung zur Absicherung Ihrer individuellen Situation am sinnvollsten ist.

Infografik zur Gliedertaxe

Die Gliedertaxe eines Versicherers zeigt an, wie hoch der Anbieter den jeweiligen Invaliditätsgrad einstuft. Alternativ kann ein Arzt eine körperliche oder geistige Beeinträchtigung nach medizinischen Gesichtspunkten feststellen. Das ärztliche Gutachten kann ebenfalls Grundlage für die Berechnung der Versicherungsleistung sein.

Beispiele für die Einstufung bei einem Versicherer wie SIGNAL IDUNA:

Johannes Zimmermann gerät mit seinem Motorrad auf regennasser Landstraße ins Schleudern und stürzt schwer. Das Motorrad zerquetscht sein linkes Bein direkt unterhalb des Schenkelhalses. Trotz mehrerer Operationen wird Johannes Zimmermann sein Bein auf Dauer nicht mehr bewegen können. Die Gliedertaxe seiner Unfall­versicherung weist für diese Beeinträchtigung einen Wert von 70 Prozent aus. Das bedeutet: Aus Sicht der Versicherung wirkt sich die unfallbedingte dauerhafte Beeinträchtigung des Beines für Herrn Zimmermann so gravierend aus, dass er zu 70 Prozent invalide ist. Diese Zahl fließt in die Berechnung der Versicherungsleistung ein: Bei einer Grundsumme von 100.000 Euro und einem unfallbedingten Invaliditätsgrad von 70 Prozent erhält Herr Zimmermann von seiner privaten Unfall­versicherung 70.000 Euro als Einmalzahlung.

Fatima Tetik stürzt von der Haushaltsleiter, als sie in ihrem Wohnzimmer neue Vorhänge anbringen will. Das Handgelenk ihrer rechten Hand erleidet Brüche, die die Hand dauerhaft bewegungsunfähig machen. Bei Durchsicht ihrer Versicherungsunterlagen stellt Frau Tetik fest: Die Gliedertaxe ihrer privaten Unfall­versicherung beziffert diese Verletzung mit 55 Prozent. Bei einer Grundsumme von 100.000 Euro bekommt Fatima Tetik eine Einmalzahlung in Höhe von 55.000 Euro.

Gliedertaxe oder ärztliches Gutachten

Die Gliedertaxe eines Versicherers listet in der Regel Körperteile und Sinnesorgane auf, die bei Unfällen am häufigsten geschädigt werden. Soll die Versicherungsleistung für einen Teil des Körpers ermittelt werden, der in der Gliedertaxe nicht erfasst ist, muss ein Arzt hinzugezogen werden. Der Arzt bestimmt den Invaliditätsgrad auf Basis eines medizinischen Gutachtens. Dieses Gutachten dient der Versicherung zur Berechnung der Leistung im jeweiligen Fall.

Ähnlich wichtig ist ein ärztliches Gutachten bei Teilinvalidität. Der Arzt kann exakt diagnostizieren, wie schwerwiegend die Unfallverletzung für eine Person tatsächlich ist. Auch dieser Wert ist mit entscheidend für die Höhe der Versicherungsleistung.

Gliedertaxe oder ärztliches Gutachten

Die Gliedertaxe eines Versicherers listet in der Regel Körperteile und Sinnesorgane auf, die bei Unfällen am häufigsten geschädigt werden. Soll die Versicherungsleistung für einen Teil des Körpers ermittelt werden, der in der Gliedertaxe nicht erfasst ist, muss ein Arzt hinzugezogen werden. Der Arzt bestimmt den Invaliditätsgrad auf Basis eines medizinischen Gutachtens. Dieses Gutachten dient der Versicherung zur Berechnung der Leistung im jeweiligen Fall.

Ähnlich wichtig ist ein ärztliches Gutachten bei Teilinvalidität. Der Arzt kann exakt diagnostizieren, wie schwerwiegend die Unfallverletzung für eine Person tatsächlich ist. Auch dieser Wert ist mit entscheidend für die Höhe der Versicherungsleistung.

Bein plus Finger plus Gehör: Invaliditätsgrade addieren

Manchmal schädigt ein Unfall gleich mehrere Teile des Körpers. Bei der Berechnung des Invaliditätsgrades können dementsprechend mehrere Prozentzahlen addiert werden. Die Summe kann jedoch maximal einen Invaliditätsgrad von 100 Prozent ergeben.

Ein Beispiel:
Florian Gruner erleidet bei einem Sportunfall eine dauerhafte Beeinträchtigung seines linken Auges. Die Gliedertaxe seiner Versicherung weist hierfür 50 Prozent aus. Durch den Unfall ist auch der rechte Zeigefinger dauerhaft geschädigt. Dafür gibt die Gliedertaxe 10 Prozent an. Insgesamt stuft der Versicherer den Invaliditätsgrad mit 60 Prozent ein und berechnet daraus die Kapitalleistung, die Florian Gruner zusteht.

Gut zu wissen: SIGNAL IDUNA leistet bereits ab 1 Prozent unfallbedingter Invalidität. Im Gegensatz dazu erhalten Sie Renten-Leistungen aus dem gesetzlichen Unfallschutz erst, wenn Ihre Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 Prozent gemindert ist.  

Mann joggt in den Bergen einen Abhang hinunter.

Eine Sekunde Unachtsamkeit kann Sie langfristig schädigen – gesundheitlich, aber auch finanziell. Mit einer privaten Unfall­versicherung beugen Sie vor.

Erhöhte Gliedertaxe

Das Plus für bestimmte Berufsgruppen

Verliert ein Handwerker unfallbedingt seine rechte Hand, ist das für seine Berufstätigkeit gravierender als für eine Simultandolmetscherin. Umgekehrt ist der Verlust der Stimme für eine Simultandolmetscherin gravierender als für einen Handwerker oder einen Koch. Aus diesem Grund arbeiten Versicherer wie SIGNAL IDUNA neben der Standard-Gliedertaxe mit erhöhten Gliedertaxen für bestimmte Berufsgruppen. Hier sind sowohl spezifische Körperteile als auch Sinnesorgane, die zur Ausübung eines bestimmten Berufes besonders wichtig sind, deutlich höher bewertet. In der Praxis bedeutet das: eine optimale Absicherung im Berufsalltag.

Progression – mit Sicherheit mehr Leistung

Erleiden Sie als Unfallopfer schwerwiegende Verletzungen, kann eine zusätzliche Komponente Ihrer Versicherungspolice die Leistung der Unfall­versicherung vervielfachen: die Progression. Der Begriff steht für progressive Mehrleistung. Das bedeutet, dass die Höhe Ihrer Invaliditätsleistung bei höheren Invaliditätsgraden überproportional ansteigt. Kurz: Nimmt der Grad der Invalidität zu, erhöht sich die Gesamtleistung Ihrer Unfall­versicherung stärker als bei herkömmlichen Verträgen. Damit gewinnen Sie finanzielle Sicherheit und gleichzeitig Flexibilität für die Gestaltung einer neuen Lebenssituation mit Handicap.

Ein Beispiel: 
Anna Mikolajczak hat ihre private Unfall­versicherung mit Progression 750 abgeschlossen. Durch einen Unfall beim Drachenfliegen wird sie Vollinvalide. Aufgrund der vertraglich fixierten Progression erhält Anna Mikolajczak von ihrer Unfall­versicherung 750 Prozent der Grundsumme. Damit ist für Frau Mikolajczak nicht nur die Existenz gesichert; sie kann sich sogar einen behindertengerechten Pkw leisten, um trotz aller Einschränkungen mobil zu bleiben.

Die Mehrleistung der Progression kann Ihre Einkommensverluste auffangen, den behindertengerechten Umbau Ihres Zuhauses oder den Erwerb eines Behindertenfahrzeugs finanzieren. Sollten Sie jenseits der Leistungen Ihrer Krankenkasse zusätzliche medizinische Versorgung in Anspruch nehmen wollen, können Sie den Auszahlungsbetrag Ihrer privaten Unfall­versicherung auch hierfür einsetzen.

Das bietet die Progression bei einem Versicherer wie SIGNAL IDUNA

Bei den Produkt-Linien von SIGNAL IDUNA haben Sie die Wahl zwischen einer Invaliditäts-Progression von 750 Prozent, 500 Prozent und 250 Prozent. Die Mehrleistung durch die progressive Invaliditätsstaffel kann bis zu 1,5 Millionen Euro betragen.

Infografik zur Progression in der Unfallversicherung

Fazit

Welche Leistung Sie im Versicherungsfalle von Ihrer privaten Unfall­versicherung erhalten, hängt von verschiedenen Faktoren ab: Von der Grundsumme, die Sie vorab in Ihrer Police vereinbart haben, ebenso vom gewählten Tarif, den Leistungen und optional einer Progression sowie von Ihrem unfallbedingten Invaliditätsgrad. In der Gliedertaxe legt Ihr Versicherer fest, welchen Anteil der Versicherungssumme Sie bei Verlust oder vollständiger Funktionseinschränkung von einzelnen Körperteilen oder Sinnesorganen erhalten. Teilinvalidität vergütet Ihre Unfall­versicherung anteilig.

Die Gliedertaxe ist somit der Rahmen für Versicherungsansprüche. Diese Tabelle legt jeder Anbieter selbst fest. In der privaten Unfall­versicherung ist die Gliedertaxe Bestandteil der Police und eine wichtige Orientierungshilfe beim Vergleich verschiedener Versicherungsangebote.

Fragen und Antworten

Über den Autor

Autor
Marc Hoffmann-Schulz

Marc Hoffmann-Schulz unterstützt den Bereich Einkommensschutz Unfall­versicherung der SIGNAL IDUNA. Als Marktmanager für den Exklusivvertrieb veröffentlicht er hierzu sein über viele Jahre erworbenes Fachwissen im Blog. In seiner Freizeit begeistert sich der Fachwirt vor allem für Sport, insbesondere für Fußball – sowohl in der Spieler- als auch in der Zuschauer-Rolle.

 

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