Wenn beide Eltern sterben – was geschieht mit den Kindern?

Nils Lutterklas
10 Min. Lesezeit

Eine Nachricht, die Gänsehaut auslöst: Bei einem schweren Auffahrunfall kommt ein Ehepaar ums Leben. Es hinterlässt minderjährige Kinder. Nicht auszudenken, wie es den Waisen ergeht. Wer sorgt für sie, wovon leben sie? Der folgende Beitrag widmet sich diesen und ähnlichen heiklen Fragen. Außerdem klärt er auf, welche Vorsorge sinnvoll ist.

Veröffentlicht am 03. November 2022

Ein kleiner Junge legt auf einer Parkbank seinen Arm um ein Mädchen.

Triggerwarnung: Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem Tod von Eltern und welche Folgen er für Kinder haben kann. Wenn Sie das Thema belastet, brechen Sie bitte an dieser Stelle ab.

Kurzer Überblick

  • Wer Verantwortung für eine Familie trägt, sollte auch den Ernstfall bedenken: den Tod beider Elternteile.
  • Eltern sollten frühzeitig festlegen, wer als Vormund für die Kinder persönliche und finanzielle Entscheidungen treffen soll.
  • In der Erbfolge stehen Kinder ganz oben. Über den Nachlass dürfen sie aber erst mit 18 Jahren selbst verfügen.
  • Waisenrente und Kindergeld reichen oft nicht aus, um den Lebensstandard zu wahren. Eine Risikolebens­versicherung sichert zusätzlich ab.

Risiken realistisch betrachten

„Wird schon alles gutgehen!“ Denken Sie das auch oft – zum Beispiel vor einer langen Autofahrt oder einer großen Reise? Richtig so, denn Zuversicht gibt Kraft. Vor Schicksalsschlägen kann die optimistische Haltung uns allerdings nicht bewahren. Wer Verantwortung trägt, insbesondere für Kinder, darf nicht blauäugig sein. Risiken gehören zum Leben, deshalb ist es wichtig, sie realistisch zu betrachten und Vorkehrungen für den hoffentlich niemals eintretenden Unglücksfall zu treffen.

Auch wenn es Ihnen sicherlich nicht leichtfällt, sich gedanklich mit dem eigenen Tod auseinanderzusetzen: Wenn Sie Familie haben, sollten Sie die folgenden Fragen einmal in Ruhe für sich beantworten.

Wissen Sie Bescheid?

  • Was geschieht, wenn wir als Eltern verunglücken?
  • Wer kümmert sich um unsere Kinder: Wo leben sie, wer entscheidet für sie?
  • Wie sind unsere Kinder finanziell abgesichert?
  • Was geschieht mit unserem Eigentum – mit der Wohnung, dem Auto, den Wertsachen?
  • Wer erbt, wer verwaltet unser Vermögen?

Vermutlich bleiben zunächst viele Fragezeichen zurück. Der folgende Text liefert Antworten in Form von sachlichen Informationen rund um den „Fall der Fälle“. Sie werden sehen: Gut informiert fällt es leichter, mit diesem emotionalen Thema umzugehen. Sie gewinnen Sicherheit und können die Weichen so stellen, wie es zu Ihrer persönlichen Situation passt. Vorsorge entlastet Nahestehende.

Denken Sie einmal an Menschen, die Ihnen nahestehen. In welcher Situation würden diese sich nach Ihrem Tod befinden? Sie müssten nicht nur ihren eigenen Schmerz bewältigen, sondern Ihren Kindern Trost spenden und viele wichtige Dinge kurzfristig regeln. Um sie zu entlasten, sollten Sie den eigenen Todesfall vorausschauend absichern.

Aber was genau gilt es zu regeln und zu bedenken? Die folgenden Fragen und Antworten beziehen sich auf den Fall, dass verheiratete oder in einer eingetragenen Partnerschaft lebende Eltern sterben und leibliche oder adoptierte Kinder als Waisen zurücklassen.

Wer sorgt für die Kinder?

Wer kümmert sich um mein Kind und nimmt es in den Arm, wenn mir etwas zustößt? Das ist wohl die Frage, die Eltern am meisten bewegt. Bestimmt wünschen Sie sich, dass es jemanden gibt, der ebenso liebevoll für Ihre Tochter oder Ihren Sohn sorgt, wie Sie es tun. Das ist in der ersten Zeit besonders wichtig, denn der Verlust trifft das Kind hart. Es braucht dringend Geborgenheit und verlässliche Menschen an seiner Seite. Das Jugendamt berät und unterstützt Ihre Nahestehenden dabei, kurzfristig eine gute Betreuung zu organisieren.

Eine Frau nimmt ein Mädchen in den Arm.

Wenn Eltern sterben, hinterlässt dies seelische Wunden bei Kindern. Umso wichtiger sind Liebe und Geborgenheit, damit sie den schweren Verlust bewältigen können.

Damit Ihr Kind dauerhaft in fürsorgliche Hände kommt, sollten Sie eine Sorgerechtsverfügung aufsetzen – und zwar schon in jungen Jahren, wenn der Gedanke an den eigenen Tod unendlich fern liegt. Das ist eine Art Testament, für das besondere formale Anforderungen gelten: Das Schriftstück muss zum Beispiel komplett handschriftlich erstellt oder notariell beglaubigt sein und die Unterschriften beider Elternteile enthalten.

In der Sorgerechtsverfügung bestimmen Sie, wer als Vormund für Ihre Kinder verantwortlich sein soll, falls Ihnen etwas zustößt. Diese Person muss die Kinder allerdings nicht selbst aufnehmen – auch nicht, wenn Sie sich das ausdrücklich wünschen. Und: Das Familiengericht darf entgegen Ihrem Wunsch zum Wohl des Kindes einen anderen Vormund festlegen – zum Beispiel, wenn die von Ihnen vor Jahren als Vormund benannte Großmutter mittlerweile pflegebedürftig geworden ist.

Welche Rechte, welche Pflichten hat der Vormund?

Der Vormund

  • muss das Kind nicht selbst aufnehmen
  • darf entscheiden, wo das Kind leben soll – etwa in einer Pflegefamilie, in einer Wohngruppe oder im Kinderheim
  • ist rechtlich verantwortlich, kann also zum Beispiel bestimmen, welche Schule das Kind besuchen oder welche ärztliche Behandlung es erhalten soll
  • sollte vorab informiert und willens sein, diese Aufgabe im Ernstfall zu übernehmen. Sprechen Sie darüber.

Haben Sie keinen Vormund benannt, so sucht das Familiengericht gemeinsam mit dem Jugendamt einen Vormund aus. Meist fällt die Wahl auf eine Person aus Ihrer Familie oder Ihrem Freundeskreis. Auch das Jugendamt selbst kann die Vormundschaft erhalten. Das bedeutet aber nur, dass jemand aus dem Team Ihr Kind regelmäßig besucht und den rechtlichen Pflichten nachkommt. Wenn Ihr Kind mindestens 14 Jahre alt ist, darf es selbst mitentscheiden, wer sein Vormund sein soll.

Gut zu wissen: Eine Taufpatenschaft hat keine rechtliche Funktion. Patinnen und Paten sind weder moralisch noch gesetzlich dazu verpflichtet, ihr Patenkind aufzunehmen. Falls Sie als Eltern sterben, so erhält die Taufpatin oder der Taufpate Ihres Kindes nicht automatisch das Sorgerecht. Dafür müssten Sie die gewünschte Person in der Sorgerechtsverfügung als Vormund benennen.

Wo kommen die Kinder unter?

Durch den Tod der Eltern ändert sich das Leben der Kinder schlagartig. Wenn sie in ihrer vertrauten Umgebung bleiben können, weiterhin die gewohnte Kita oder Schule besuchen und mit den Nachbarskindern spielen können, gibt ihnen das in dieser schwierigen Situation ein wenig Sicherheit. Leider ist es nicht immer möglich, dass die Waisen in ihrem vertrauten Zuhause oder zumindest in ihrem Wohnumfeld bleiben können.

Eine Frau sitzt mit einem Mädchen auf dem Sofa und hält ihre Hände.

Ein Vormund darf entscheiden, wo das Kind leben soll, muss es allerdings nicht selbst bei sich aufnehmen.

Die Entscheidung über den Wohnort des Kindes trifft – wie oben erwähnt – der jeweilige Vormund. Er kann das Kind selbst aufnehmen. Wenn das nicht möglich oder gewünscht ist, kommt eine Pflegefamilie infrage. Sie kümmert sich rund um die Uhr um das Kind. Das Jugendamt bereitet die Familie auf diese Aufgabe vor und begleitet sie. Die dritte Option ist die Unterbringung in einer betreuten Wohngruppe oder im Kinderheim – nach Möglichkeit zusammen mit den Geschwistern. Kinder über 14 Jahren dürfen mitentscheiden, wie und wo sie leben möchten.

Wovon leben die Kinder?

Neben der Frage der Betreuung ist das zweite wichtige Thema die finanzielle Seite. Wovon lebt Ihr Kind, wenn Sie es nicht mehr selbst versorgen können? In jedem Fall erhält Ihr Nachwuchs mindestens bis zum 18. Geburtstag Kindergeld. Doch das reicht nicht aus, um seinen Lebensbedarf zu decken. Daher unterstützt der Staat hinterbliebene Kinder und junge Erwachsene mit einer Vollwaisenrente. Anspruch darauf haben Waisen bis zum 27. Lebensjahr, wenn sie sich noch in der Schul- oder Berufsausbildung befinden bzw. einen Freiwilligendienst leisten. Dasselbe gilt für Kinder, die wegen einer Behinderung nicht für sich selbst sorgen können.

Die Waisenrente hilft, die finanzielle Belastung durch den Tod der Eltern abzumildern. Allerdings beträgt sie nur 20 Prozent der Versichertenrente desjenigen Elternteils, das bereits einen höheren Anspruch in der Renten­versicherung erworben hat. Und es gilt eine Bedingung: Der Elternteil muss mindestens fünf Jahre in die gesetzliche Renten­versicherung eingezahlt haben, sonst hat das Kind keinen Anspruch auf die Waisenrente. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren erhalten die Rente nicht selbst; der für sie verantwortliche Vormund verwaltet das Geld.

Übrigens: Grundsätzlich sind auch die Großeltern dazu verpflichtet, Unterhalt für ihre Enkel zu zahlen. Die Höhe des Unterhalts hängt von ihrem Einkommen ab.

Großeltern haben Spaß mit ihrer Enkelin.

Wenn Eltern sterben, geben Oma und Opa Halt und Fürsorge. Nicht selten springen sie auch finanziell ein: Fallen beide Elternteile weg, sind Großeltern verpflichtet, Unterhalt zu zahlen.

Was geschieht mit dem Erbe?

Eine Erbschaft kann helfen, Kinder für die Zukunft finanziell abzusichern. Wenn Sie als Eltern bei Ihrem Tod Vermögen hinterlassen – etwa Immobilien, wertvollen Schmuck oder Geld –, so profitieren Ihre Kinder davon. Haben Sie kein Testament verfasst, tritt die gesetzliche Erbfolge ein: In diesem Fall sind Ihre Kinder die alleinigen Erben. Die Erbschaft kommt ihnen zu jeweils gleichen Anteilen zu – auch wenn sie minderjährig sind. Allerdings können sie bis zum 18. Geburtstag noch nicht eigenständig über den Nachlass verfügen, also entscheiden, was mit dem Erbe geschehen soll. So lange ist es Aufgabe des Vormunds, die Erbschaft zu verwalten.

Gleiches gilt für die Frage, was mit vererbtem Wohneigentum, Auto oder Möbeln der verstorbenen Eltern passiert. Das Eigenheim kann zum Beispiel bis zum 18. Geburtstag des Kindes vermietet, jedoch nicht verkauft werden. Auch aus diesem Grund ist es wichtig, eine Sorgerechtsverfügung zu erstellen und darin einen Vormund zu benennen: Diese Vertrauensperson trifft viele weitreichende Entscheidungen. Es ist ebenso möglich, in der Sorgerechtsverfügung zu differenzieren und einen Vormund für die Personensorge zu benennen sowie einen weiteren für die Vermögenssorge.

Erbfolge: Kinder haben Vorrang

Falls Eltern in ihrem Testament eine andere Person als die eigenen Kinder als Erben benannt haben, zum Beispiel eine Freundin oder einen entfernten Verwandten, so haben die Waisen dennoch Anspruch auf einen Teil des Erbes: Dieser sogenannte Pflichtteil ist halb so hoch wie die gesamte Erbschaft und kommt ihnen zu gleichen Anteilen zu. Die Kinder der Verstorbenen sind so genannte Erben erster Ordnung – im Gegensatz zu den Eltern der Verstorbenen, ihren Geschwistern oder Nichten und Neffen. Diese Erben zweiter Ordnung gehen leer aus, wenn Kinder da sind.

Im besten Fall kann ein Erbe langfristig finanziell unterstützen: Wenn die Waisen volljährig sind und selbst über den Nachlass entscheiden dürfen, können sie das Geld zum Beispiel nutzen, um ein Studium oder die erste eigene Wohnung zu finanzieren.

Doch nicht alle Eltern befinden sich in solch einer komfortablen finanziellen Situation, wenn ihr Leben plötzlich endet. Es kann passieren, dass sie ihren Kindern anstelle eines Erbes Schulden hinterlassen. Um den Nachwuchs bei einem schweren Schicksalsschlag vor einer finanziellen Notsituation zu schützen, sollten Eltern rechtzeitig Vorsorge treffen – zum Beispiel mit einer Risikolebens­versicherung.

Risikolebensversicherung

Kinder zusätzlich finanziell absichern

Es ist gut, dass der Staat Kinder nach dem Tod ihrer Eltern unterstützt. Doch trotz Waisenrente und Kindergeld kann es für den Nachwuchs finanziell sehr eng werden. Wenn Sie Ihren Kindern ein Erbe hinterlassen, profitieren diese davon oft erst nach ihrem 18. Geburtstag. Was können Sie als Eltern also tun, um den Lebensstandard Ihrer Kinder im Falle Ihres Todes kurz- und langfristig zu sichern?

Auch Minderjährige profitieren

Mit einer Risikolebens­versicherung – auch Hinterbliebenenschutz genannt – treffen Sie umfassend Vorsorge. Wenn Sie sterben, wird die Versicherungssumme ausgezahlt, und zwar an jene Person(en), die Sie im Versicherungsvertrag als Begünstigte benannt haben. Das können sogar minderjährige Kinder sein. Auf diese Weise erhält Ihr Nachwuchs in der schwierigen Lebenssituation schnell und unkompliziert finanziellen Beistand.

Eien große und eine kleine Hand halten sich fest.

Trotz Waisenrente und Kindergeld kann es für den Nachwuchs im Todesfall der Eltern finanziell eng werden. Mit einer Risiko-Lebens­versicherung schützen Sie Hinterbliebene vor der Schuldenfalle.

Kinder vor Schulden bewahren

Neben dem Hinterbliebenenschutz eignet sich die Risikolebens­versicherung aber auch, um einen Kredit für den eigenen Todesfall abzusichern. Das kann zum Beispiel ein Kredit für das Eigenheim sein, in dem Sie mit Ihrer Familie leben. Falls Sie sterben, dient die Versicherungssumme dazu, die Restschuld zu begleichen. Mit der Risikolebens­versicherung verhindern Sie in diesem Fall also, dass Ihre Kinder Ihre Schulden erben.

Verantwortung für Hinterbliebene

Der Hinterbliebenenschutz ist besonders empfehlenswert für Familien mit Kindern. Bei zusätzlichen finanziellen Verpflichtungen – zum Beispiel durch Kredite – gewinnt er weiter an Bedeutung. Diese Art der Versicherung schützt, was Ihnen lieb und wert ist – über Ihr eigenes Leben hinaus. Somit ist sie Ausdruck Ihres Verantwortungsgefühls gegenüber Ihren Liebsten.

Günstige Beiträge

Je früher Sie eine Risikolebens­versicherung abschließen, desto günstiger steigen Sie ein: Ihr Beitrag richtet sich nach Faktoren wie Alter, Gesundheitszustand und persönlichen Risiken in Beruf und Freizeit. Eine Gesundheitsprüfung ist notwendig, um Ihr individuelles Risiko abzuschätzen und Ihren Tarif fair zu ermitteln. Wie hoch die Versicherungssumme sein soll und wie lange Ihr Vertrag laufen soll, bestimmen Sie selbst. Lassen Sie sich beraten, wie Sie die Zukunft Ihrer Kinder bestmöglich sichern können.

Fazit

Schicksalsschläge können jeden treffen. Der Tod der Eltern stürzt Kinder in eine schreckliche Ausnahmesituation. Vertraute Menschen und finanzielle Sicherheit können helfen, die Katastrophe besser zu bewältigen. Geordnete Verhältnisse entlasten Nahestehende, daher sollten Eltern schon in jungen Jahren Vorsorge treffen. Dazu zählt eine Sorgerechtserklärung, in der festlegt ist, wer als Vormund über persönliche und finanzielle Belange des minderjährigen Kindes entscheiden soll. Eine Risikolebens­versicherung schützt das Kind zusätzlich. Die Versicherungssumme hilft, den Lebensstandard zu sichern und eventuelle Kredite abzubezahlen.

Über den Autor

Vorstandsassistent
Nils Lutterklas

Schon während des Studiums hat sich Nils Lutterklas thematisch mit der Versorgung im Alter befasst und führt dies bei der SIGNAL IDUNA im Bereich Marketing weiter. In seiner Freizeit ist er gern unter Freuden und Familie. Zudem interessiert er sich für Fußball und spielt auch selbst aktiv im Verein.

Foto von Nils Lutterklas

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