Was sind die Lebensträume der Deutschen?

Haben Sie einen Lebenstraum? Im Heißluftballon einmal um die Welt reisen, in einem Unterwasserlabor das Geheimnis der Meere erforschen? Dann geht es Ihnen wie einem Großteil der deutschen Bevölkerung. Allerdings sind die meisten Zukunftsträume deutlich bescheidener. Zwei aktuelle Studien gewähren interessante Einblicke.

David Bläsing
Veröffentlicht am 22.05.2025
5 Min. Lesezeit

Zwischen Alltag und Wunschdenken

Manchmal sind wir so mit dem Alltag beschäftigt, dass wir vergessen, Zukunftspläne zu schmieden oder gar zu träumen. Und manchmal passiert es, dass ein schöner Traum – schwupps – wie eine Seifenblase zerplatzt. Doch ein Leben ohne Träume ist wie ein Garten ohne Blumen. Daher ist es gut, dass die Wissenschaft sich mit dem Thema beschäftigt und schwarz auf weiß festhält, wovon wir in Deutschland träumen.

Träume in Zahlen

Wie viele Menschen haben überhaupt Träume? Das beleuchtet die Anfang 2025 von der Friedrich-Ebert-Stiftung veröffentlichte Studie „Welche Träume bewegen Deutschland?“. Sie beruht auf Online-Gesprächen und repräsentativen Befragungen von mehr als 4.000 Wahlberechtigten in Deutschland. Gut zwei Drittel geben an, grundsätzlich Zukunftsträume zu haben. Während 78 Prozent der unter 40-Jährigen behaupten, Träume für ihre Zukunft zu haben, bestätigen dies nur 60 Prozent der über 60-Jährigen. „Je älter Menschen werden, desto weniger Zukunftsträume bestehen – entweder weil sie sich bereits erfüllt haben oder weil ihre Umsetzung aufgrund des Lebensalters nicht oder kaum mehr möglich ist (…)“, stellt das Autorenteam fest. 

Die Basis: materielle Sicherheit

Augen zu und den Alltag wegträumen? Dazu sind die meisten von uns offenbar zu vernünftig. Träume müsse man sich leisten können, heißt es in der Einleitung der Studie. Denn: Träume erfordern Ressourcen, ein gewisses Maß an Wohlstand, Zeit und Energie. Dürfen also nur jene Menschen träumen, die materiell ausreichend abgesichert sind? 

Mit einem finanziellen Polster im Rücken ist es auf jeden Fall leichter, von fernen Ländern oder einer schicken Villa zu träumen. Das bestätigt die 2024 im Auftrag der Lotterie Eurojackpot durchgeführte Umfrage „Lebenstraum“ der Marktforschungsplattform Appinio. Sie geht auf repräsentative Befragungen von 1.000 18- bis 65-Jährigen zurück. 

Wunschliste der Träume

Alles hinter sich lassen und in den nächsten Flieger steigen: Diesen Traum würden sich der Umfrage zufolge bei einem Jackpot-Gewinn 21 Prozent der Befragten erfüllen. Die Weltreise mit Partnerin oder Partner steht somit auf Platz eins der Wunschliste, der Traum vom Auswandern folgt mit 16 Prozent auf Platz zwei. „Auch in den gegenwärtig recht unsicheren Zeiten scheint die Sehnsucht nach fernen Ländern ungebrochen zu sein“, folgert Bodo Kemper von Eurojackpot. „Viele träumen von einem unbeschwerten Leben, weit weg von schlechten Nachrichten und den Sorgen des Alltags.“ 

Die genannten Lebensträume im Überblick:

1. Eine Weltreise mit dem Partner/der Partnerin machen: 21%

2. Auswandern: 16 %

3. Ein Haus bauen: 16 %

4. Das Hobby zum Beruf machen: 15 %

5. Vermögensaufbau für Erbe an Kinder und Enkelkinder: 9 %

6. Ein eigenes Unternehmen gründen: 6 %

7. Ein Buch schreiben und drucken lassen: 6 %

8. Ein Café mit der besten Freundin/dem besten Freund eröffnen: 4 %

9. Influencer werden: 2 %

10. Weitere Antwortmöglichkeiten: 5 %

(Quelle: Umfrage „Lebenstraum“ von Eurojackpot, 2024)

Schützen Sie Ihren Reisetraum

Die Studie im Namen der Friedrich-Ebert-Stiftung bescheinigt den Menschen in Deutschland hingegen mehr Vernunft als Träumerei. Für die meisten steht demnach zunächst das Bewältigen der alltäglichen Aufgaben im Vordergrund, bevor sie sich das Träumen erlauben. In Zahlen ausgedrückt: 61 Prozent der Befragten sagen: „Ich bin hauptsächlich damit beschäftigt, meinen Alltag zu bewältigen.“ Demgegenüber geben nur 35 Prozent an, genug Kapazitäten zu haben, um ihre Zukunft langfristig zu planen (vgl. „Welche Träume bewegen Deutschland“, S. 12).

Gesundheit, Frieden, Sicherheit

Ebenso interessant ist, aus welchem Stoff die Träume sind. Statt abgehobener Fantasien fördert die Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung viel Bodenhaftung zutage: So geben die meisten Befragten an, von Gesundheit, Frieden, beruflicher Sicherheit, finanzieller Unabhängigkeit oder Wohneigentum zu träumen. Kurzum: Sie wünschen sich eine sichere Zukunft, eine glückliche Partnerschaft, körperliches und psychisches Wohlergehen. Zu den wenigen genannten materiellen Träumen zählen – wie auch in der Jackpot-Studie – das Reisen und zuweilen auch das Auswandern. Bescheidenheit ist demnach in Deutschland Trumpf. Träume sollen keine Schäume bleiben, sondern erreichbar sein. „Die Sorge ist groß, dass Hoffnungen enttäuscht werden“, resümiert das Redaktionsteam. Es wertet die Zurückhaltung als Ausdruck der aktuellen Stimmung und des Krisendrucks, der kaum größere Zukunftsträume zulasse. 

Wie Angst lähmt

In der Tat stehen Ängste unseren Plänen manchmal im Weg. Sorgen können uns lähmen und in eine Art Schockzustand zwingen. Welche Gedanken wirken besonders beunruhigend? Auch diesen Aspekt untersucht die Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung. Ganz oben steht bei den Befragten die Angst vor Krankheiten (69 Prozent), gefolgt von der Sorge, das Geld könne nicht zum Leben reichen (46 Prozent). Ein gutes Drittel (36 Prozent) fürchtet, dass es den eigenen Nachkommen einmal schlechter gehen könnte.

Da fragt sich: Was ist das denn überhaupt: ein gutes Leben? Was gehört dazu, was macht es aus? Gesundheit empfinden 58 Prozent der Teilnehmenden als grundlegend; 54 Prozent nennen einen sicheren Lebensunterhalt und fast ebenso viele (53 Prozent) Glück in Partnerbeziehungen oder im Familienleben. Materielle Werte wie eine schöne Wohnung oder ein guter Arbeitsplatz folgen erst mit größerem Abstand (16 bzw. 15 Prozent).

Bestandteile eines guten Lebens im Überblick (in %, max. 3 Antworten/Person möglich):

1. Gesundes Leben: 58%
 
2. Sicherer Lebensunterhalt: 54 %
 
3. Glück in Beziehung/Familienleben: 53 %
 
4.Sichere Zukunft für Kinder/Enkel: 32 %
 
5. Enge Freundschaften: 31 %
 
6. Schöne Wohnung/Haus: 16 %
 
7. Guter Arbeitsplatz: 15 %
 
8. Urlaube/Hobbys: 13 %
 
9. Anderen Menschen helfen/Ehrenamt: 9 %
 
10. Berufliche Karriere: 6 %
 
(Quelle: Studie „Welche Träume bewegen Deutschland?“ der Friedrich-Ebert-Stiftung, 2025)

Träume in die Tat umsetzen

Lebensglück ist nicht käuflich – diese Schlussfolgerung legt die Studie nahe. Doch wir sind dem Schicksal nicht hilflos ausgeliefert. Wir können Weichen stellen und auch bei Widrigkeiten an unseren Zukunftsplänen festhalten. Den meisten von uns ist das bewusst: Um sich ans Ziel ihrer Träume zu manövrieren, greifen sie daher gern selbst zum Steuer. Zwei Drittel der Befragten schreiben sich beim Verwirklichen ihrer Träume selbst die wichtigste Rolle zu.

Inhaltlich geht es beim Träumen nicht um Luftschlösser, sondern überwiegend um kleine, realistische Ziele. „Kleine Träume, die erreichbar sind, sollten wir alle haben“, meint zum Beispiel ein 62-jähriger Befragter. Das Autorenteam erkennt insgesamt eine klare Tendenz zum „bodenständigen Träumen“: Unter den Teilnehmenden der Friedrich-Ebert-Studie herrscht Einvernehmen darüber, dass kleine individuelle Träume sich durchaus erfüllen lassen. 

Eine bessere Gesellschaft

Beim Traum von einer besseren Gesellschaft sieht das anders aus: Es bestehen große Zweifel an der Umsetzbarkeit von Idealen wie Frieden; der Blick auf die Zukunft ist eher. Gesellschaftliche Wünsche haben die Menschen in Deutschland dennoch: Die Befragten nennen vor allem Demokratie und Menschenrechte, Freiheit und Individualität, aber auch Recht und Ordnung. Die Kluft zwischen Wunschvorstellung und Wirklichkeit erscheint allerdings in vielerlei Hinsicht groß.

Fazit: Deutschland träumt bescheiden

Statt große Visionen zu entwickeln, hegen die Menschen in Deutschland überwiegend den Traum vom kleinen Glück, zu dem auch das Reisen zählt. Sicherheitsaspekte spielen dabei eine wichtige Rolle. „Die Träume sollen erreichbar sein und ein gutes Leben in der Mittelschicht ermöglichen“, fasst das Autorenteam der Studie „Welche Träume bewegen Deutschland?“ zusammen. So wird aus dem großen Traum manchmal nur ein Träumchen – na und? 

Quellen

Umfrage „Lebenstraum“ von Eurojackpot, 2024

Studie „Welche Träume bewegen Deutschland?“ der Friedrich-Ebert-Stiftung, 2025

 

 

 

 

 

Über den Autor

David Bläsing

Spezialist für Krankenversicherungen

David Bläsing ist Marketingmanager bei SIGNAL IDUNA und Spezialist für Personenversicherungen. Im Ratgeber widmet er sich insbesondere Fragen rund um Altersvorsorge, Einkommensschutz und Krankenversicherungen. In seiner Freizeit ist er beim Wandern und Bergsteigen gern in luftigen Höhen unterwegs. Außerdem ist der junge Familienvater begeisterter Segler.