Zahlt die Hausrat­versicherung bei Eigenverschulden?

Marisa Reinhard
4 Min. Lesezeit

Aus Unachtsamkeit oder Gedankenlosigkeit – Missgeschicke passieren jedem. Entsteht dabei ein richtiger Schaden, winken die meisten Versicherer ab: Bei Eigenverschulden zahlen viele Hausrat­versicherungen gar nicht oder nur anteilig. Wie unterscheiden Versicherer Fälle von Fahrlässigkeit, Verstoß gegen Vorschriften und Vorsatz?

Veröffentlicht am 03. August 2023

Mann liegt auf dem Sofa und spielt mit seinem Handy.

Kurzer Überblick

  • Eine Hausrat­versicherung deckt Schäden an Ihrem beweglichen Hab und Gut ab. Bereits der Basis-Schutz bietet große Leistung zum kleinen Preis. Zusatzbausteine sichern Sie je nach Bedarf weitreichender ab.
  • Viele Versicherer kürzen die Leistung ganz oder teilweise, wenn Sie Schäden selbst verschulden. Dafür können schon kleine Unachtsamkeiten ausreichen.
  • Wenn Eigenverschulden Konsequenzen hat: Versicherungsrechtlich bestehen Unterschiede zwischen Fahrlässigkeit, grober Fahrlässigkeit, Verstoß gegen Obliegenheiten oder Sicherheitsvorschriften und Vorsatz. Die Deckung variiert dementsprechend.
  • Manche Versicherer zahlen sogar bei Eigenverschulden. Wichtig ist bei Schadenmeldungen: Bleiben Sie immer bei der Wahrheit.

Schäden am Hausrat – selbst verschuldet?

Das schöne Sofa, das nagelneue Handy, das Klavier der Tochter: In Ihren vier Wänden kommen einige Werte zusammen. Ihre Hausrat­versicherung schützt alle beweglichen Gegenstände in Ihrem Zuhause – ganz gleich, ob Sie zur Miete oder im Eigenheim wohnen.

Die Police bietet bereits im Grundschutz weitreichende Absicherung. Schäden durch Feuer, Leitungswasser, Sturm/Hagel und Einbruchdiebstahl sind hierüber gut versichert; die Erstattung zum Neuwert lässt den Ärger eines Schadens schneller verblassen. Kurz: Eine Hausrat­versicherung ist für jeden sinnvoll.

Was, wenn Ihnen selbst ein Missgeschick passiert und dabei hoher Schaden entsteht? Viele Versicherer zahlen dann nur anteilig oder gar nicht. Im konkreten Fall kommt es auf Einzelheiten an, die zu dem Schaden geführt haben: Haben Sie fahrlässig gehandelt? Oder gegen Sicherheitsvorschriften verstoßen? Versicherungsrechtlich sind das Unterschiede, die sich unmittelbar auf Schadenersatz-Zahlungen auswirken.

Fahrlässigkeit, Verstoß gegen Vorschriften oder Vorsatz: Zahlt die Hausratversicherung bei Eigenverschulden?

„Kann doch mal passieren!“ – Mit diesem Satz ist eine kleine Unachtsamkeit schnell entschuldigt. Manchmal verursachen Nachlässigkeiten oder Leichtsinn aber größere Schäden. Wenn Sie zu Bett gehen und eine Kerze brennen lassen oder während einer Kurzreise Ihr Küchenfenster in Kippstellung bleibt, kann gravierender Schaden entstehen. Kommt die Hausrat­versicherung dafür auf?

Ob Fahrlässigkeit, Verstoß gegen Sicherheitsvorschriften oder Vorsatz – in der Regel gilt: Je schwerer der Verstoß, desto höher die Kürzung der Versicherungsleistung. Im ärgsten Fall müssen Sie persönlich für den gesamten Schaden haften. Grundsätzlich kommt es auf die Umstände an, die zu dem Schaden geführt haben. Diese Kategorien unterscheiden Versicherer:

Ein Beispiel: Während Ihre Gäste auf dem Balkon auf Ihr Wohl anstoßen, setzt die Geburtstagskerze im Wohnzimmer Tisch und Stühle in Brand. Bevor Sie die Flammen mit dem Feuerlöscher unter Kontrolle bringen können, ist erheblicher Schaden entstanden.

 

Klar ist: Sie haben den Schaden nicht absichtlich verursacht. Aber Sie haben – wenn auch spontan und nur kurzzeitig – fahrlässig gehandelt. Aus Perspektive Ihrer Versicherung hätten Sie einen solchen Schaden absehen und durch aufmerksames Verhalten leicht vermeiden können, zumal Sie Ihre Wohnung nicht verlassen haben. Viele Versicherer können in diesem Fall die Leistung zumindest kürzen. Die Argumentation stützt sich dabei auf das Bürgerliche Gesetzbuch, § 276 BGB, das fahrlässiges Handeln demjenigen unterstellt, der „die erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt“.

 

Juristisch betrachtet macht es einen Unterschied, ob Sie fahrlässig oder grob fahrlässig handeln. Faktisch ist die Unterscheidung manchmal schwer. In Zweifelsfällen muss der Sachverhalt von Fachleuten geklärt werden.

Ein Beispiel: Bevor Sie zum Handballtraining gehen, schalten Sie noch schnell die Spülmaschine ein. Drei Stunden später kommen Sie nach Hause und finden in Ihrer Küche einen See vor. Der Grund: Die Wasserleitung ist geplatzt. Jetzt stehen die Küchenschränke im Wasser, ebenso Esstisch und Stühle.

 

Zweifellos haben Sie grob fahrlässig gehandelt: Wenn Sie das Spülmaschinen-Programm während Ihrer Abwesenheit laufen lassen, gilt das als deutliche Vernachlässigung der Sorgfalt. Bei grober Fahrlässigkeit kürzen die meisten Versicherer den Schadenersatz. Dann bleiben Sie unter Umständen auf einem Teil der Kosten sitzen, die schnell in die Tausende gehen können.

Gut zu wissen: Pauschal können Versicherer die Leistung in solchen Fällen nicht verweigern; Schadenersatz muss hier gegebenenfalls „nach Quote“ erfolgen.

Quotenregelung bei grober Fahrlässigkeit

Ist ein Hausrat-Schaden eindeutig auf das grob fahrlässige Verhalten des/der Versicherten zurückzuführen, werden die meisten Versicherer den Sachverhalt überprüfen und den Schaden nach der sogenannten Quotenregelung begleichen.
Die Quote entspricht hierbei dem Grad des Verschuldens. Anders ausgedrückt: Je gravierender die grobe Fahrlässigkeit, desto gravierender die Kürzung der Versicherungsleistung.

Für eine Versicherung ist diese Art der Schadensregulierung mit einem deutlichen Mehraufwand verbunden. Deswegen verzichten manche Versicherer bei Fahrlässigkeit und grober Fahrlässigkeit auf eine Überprüfung des Schadenfalls.

Bei SIGNAL IDUNA können Sie selbst bei grober Fahrlässigkeit in allen Hausrat-Tarifen mit Schadenersatz rechnen. Beachten Sie: Je nach Tarif variiert die Obergrenze der Deckungssumme.
Ein wichtiges Detail: Verzichtet ein Versicherer auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit, wird Ihnen ein Schaden dennoch nur dann vergütet, wenn Sie sich grundsätzlich an vertraglich vereinbarte Sicherheitsvorschriften/Obliegenheiten gehalten haben. Anderenfalls wird „gequotelt“.

Ein Beispiel: Über den Jahreswechsel fahren Sie zum zehntägigen Skiurlaub in die Berge. Um Heizkosten zu sparen, haben Sie die Heizung in Ihrem Einfamilienhaus komplett abgestellt. Wasserführende Rohre haben Sie jedoch nicht entleert. Während Sie die schönen Seiten des Winters genießen, frieren in Ihrem Zuhause bei Dauerfrost Wasserleitungen ein. Als Sie die Heizung nach Ihrer Rückkehr wieder einschalten, tritt Leitungswasser aus und verursacht gleich in mehreren Zimmern Schäden an Einrichtungsgegenständen.

 

In diesem Fall haben Sie grob fahrlässig gegen Sicherheitsvorschriften verstoßen. Die aktuellen Bestimmungen der Hausrat­versicherung (VHR 2018) verlangen von Versicherungsnehmern/Versicherungsnehmerinnen, „"in der kalten Jahreszeit entweder die Wohnung ausreichend zu beheizen oder alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen zu entleeren und entleert zu halten". Kurz: Mit Blick auf Ihre Versicherungspolice hätten Sie wissen müssen, welche Sicherheitsvorschriften gegenwärtig gelten.

Lassen Sie in dieser Weise Obliegenheiten oder Sicherheitsvorschriften außer Acht, wird Ihr Versicherer nicht mehr auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit verzichten. Das heißt: Hier greift die Quotenregelung; Ihr Schaden wird nur anteilig erstattet.

Ein Beispiel: Sie lassen die Badewanne absichtlich überlaufen, bis der Flur unter Wasser steht. In der Folge ist der Garderobenschrank nicht mehr zu gebrauchen, ebenso Schuhe und Taschen, die auf dem Boden standen. 

 

Führen Sie einen Schaden vorsätzlich herbei, muss Ihr Versicherer keinen Schadenersatz leisten. Vorsatz bedeutet in diesem Zusammenhang, dass Sie den Schaden bewusst und willentlich verursacht haben. Die Konsequenz: Sie müssen selbst für die Regulierung des Schadens aufkommen.

Wichtig bei der Schadenmeldung: die Wahrheit

Ganz gleich, ob Ihnen ein Hausrat-Schaden aus Unachtsamkeit, aus grober Fahrlässigkeit oder durch Verstoß gegen Sicherheitsvorschriften unterlaufen ist: Melden Sie den Schaden immer so vollständig wie möglich und vor allem wahrheitsgetreu – auch wenn damit eventuell eine Kürzung der Versicherungsleistung einhergeht.

In Zweifelsfällen kann Ihr Versicherer die Umstände des Schadens zum Beispiel durch einen Gutachter auf Plausibilität hin prüfen lassen. Sollte ein Versicherungsnehmer/eine Versicherungsnehmerin den Schaden in der Hoffnung auf eine höhere Versicherungsleistung nicht wahrheitsgemäß dargestellt haben, kann dies als Betrugsversuch gewertet werden. Das wiederum ist eine Straftat.

Fazit

Verursachen Sie selbst einen Schaden an Ihrem Hausrat, handelt es sich ­versicherungsrechtlich um Eigenverschulden. Obwohl Ihre Hausrat-Police Ihr bewegliches Hab und Gut bereits im Grundschutz weitreichend absichert, ist Eigenverschulden nicht zwangsläufig abgedeckt. Versicherer bewerten die jeweiligen Umstände, bevor sie finanziellen Ersatz leisten. Fahrlässigkeit, grobe Fahrlässigkeit, Verstoß gegen Obliegenheiten oder Sicherheitsvorschriften führen schnell zur anteiligen Kürzung der Versicherungsleistung. Manche Versicherer, wie SIGNAL IDUNA, leisten sogar bei grober Fahrlässigkeit in allen Hausrat-Tarifen Schadenersatz. Dagegen erlischt jeder Versicherungsanspruch, wenn Sie einen Schaden vorsätzlich herbeigeführt haben.

Fragen und Antworten

Verursacht eine versicherte Person durch grob fahrlässiges Verhalten einen Schaden am Hausrat, darf der Versicherer die Leistung nicht pauschal verweigern, aber kürzen. Mitunter beauftragen Versicherer einen Gutachter mit der Überprüfung des Sachverhalts und erstatten einen versicherten Schaden anschließend nach Quote. Die Quote entspricht dabei dem Grad des Verschuldens: Je gravierender die grobe Fahrlässigkeit, desto gravierender die Kürzung der Versicherungsleistung.

Im Fall von Brand oder Einbruchdiebstahl wäre Ihr Handy bereits über den Grundschutz der Hausrat­versicherung mitversichert. Bei Bedienungsfehlern schützt Sie ein Extra: Erweitern Sie Ihren Hausrat-Schutz ganz einfach durch den passenden Zusatzbaustein. Bei SIGNAL IDUNA bietet der Baustein Smart Home zusätzlichen Schutz vor Bedienungsfehlern, Ungeschicklichkeit oder reinen Feuchtigkeitsschäden.

Grundsätzlich gilt: Besitzen Sie eine Hausrat-Police, schützt diese das Hab und Gut aller Personen, die in Ihrem Haushalt gemeldet sind. Darüber sind auch die Besitztümer Ihrer Kinder mitversichert. Bei Eigenverschulden gelten die jeweiligen Regularien Ihres Versicherers.

Versicherte Schäden erstattet die Hausrat­versicherung üblicherweise zum Neuwert. Um im Schadenfalle den Wert gestohlener oder beschädigter Sachen gegenüber dem Versicherer zu belegen, sollten Sie vorsorglich Fotos oder Videos von Ihrem Hab und Gut anfertigen. Besitzen Sie besonders kostspielige Anschaffungen oder Wertsachen wie Schmuck oder Kunstwerke? Dann eignen sich Kaufbelege, um den jeweiligen Anschaffungspreis zu dokumentieren.

Über die Autorin

Marketingmanagerin
Marisa Reinhard

Marisa Reinhard ist Marktmanagerin im Digitalmarketing der SIGNAL IDUNA. Als Expertin für alle Fragen rund um das private und gewerbliche Komposit-Geschäft verfasst sie Ratgeberartikel zu Themen wie Hausrat-, Haftpflicht-, Gebäude-, Kfz-, Unfall- und Gewerbe­versicherungen. Die studierte Wirtschaftspsychologin widmet sich nebenberuflich der Foto- und Videografie. 

Marisa Reinhard

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