Ab wann kann ich mich privat krankenversichern?

Jennifer Wysmolek
5 Min. Lesezeit

Welche Einkommensgrenze gilt 2024 für die private Kranken­versicherung (PKV)? Welche Bedeutung hat die Versicherungspflichtgrenze für den Wechsel? David Bläsing, Spezialist für Personen­versicherungen bei SIGNAL IDUNA, erläutert wichtige Begriffe und gibt Beispiele.

Veröffentlicht am 30. April 2024

Junge Frau arbeitet an einem Gruppenprojekt.

Herr Bläsing, die Nachfrage nach der privaten Kranken­versicherung wächst: Sie bietet hochwertigere Leistungen als die gesetzliche Kranken­versicherung und ist in einigen Fällen sogar günstiger. Können nur Besserverdienende in die PKV wechseln?

Nein. Auch die 25-jährige Studentin oder der junge Unternehmensgründer können in die PKV. Richtig ist, dass der Zugang zur privaten Kranken­versicherung an bestimmte Voraussetzungen geknüpft ist. Dabei spielt allerdings nicht das Einkommen die Hauptrolle, sondern die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Personengruppe.

Wer kann sich denn grundsätzlich privat versichern?

Selbstständige, also Gewerbetreibende und freiberuflich Tätige, können sich privat krankenversichern. Die Höhe ihres Einkommens ist für die Aufnahme in die PKV egal. Und wie eingangs erwähnt, haben auch Studierende Zugang zur privaten Kranken­versicherung. Sofern sie vorher in der gesetzlichen Familien­versicherung waren, können sie nach dem 25. Geburtstag wechseln. Waren sie in ihrer Jugend bereits privat versichert, ist die studentische PKV sogar vom ersten Semester an möglich. Die dritte Gruppe sind Beamtinnen und Beamte; für sie ist die private Kranken­versicherung sogar Pflicht. Sie ergänzen damit ihre Beihilfe – eine Art Zuschuss vom Bund oder einer Landesbehörde zu den Krankheitskosten –, sodass sie zu 100 Prozent abgesichert sind.

Zur Person

Marketingmanager und Spezialist für Personen­versicherungen
David Bläsing

David Bläsing ist Marketingmanager und Spezialist für Personen­versicherungen bei SIGNAL IDUNA. Auf unserem Blog steht er als Interviewpartner Rede und Antwort rund um die Themen Altersvorsorge, Einkommensschutz und Kranken­versicherungen.

David Bläsing

Wie sieht es für die größte Gruppe – Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – aus: Gilt für sie eine bestimmte Einkommensgrenze für die Aufnahme in die PKV?

Für diese Gruppe gilt in der Tat eine Einkommensgrenze: Wer in die private Kranken­versicherung wechseln möchte, muss regelmäßig mindestens 69.300 Euro brutto im Jahr verdienen. Das ist die sogenannte Versicherungspflichtgrenze oder Jahresarbeitsentgeltgrenze, abgekürzt JAEG, für 2024. Von diesem Einkommen an ist eine private Kranken­versicherung möglich. Anders gesagt: Wer mehr verdient, ist ­versicherungsfrei, kann also in die PKV wechseln oder sich freiwillig gesetzlich versichern.

Ist diese Einkommensgrenze konstant?

Nein, das ist sie nicht. Der Gesetzgeber passt die Jahresarbeitsentgeltgrenze jedes Jahr an. In der Regel steigt sie kontinuierlich – je nachdem, wie sich die durchschnittlichen Löhne und Gehälter entwickeln. Daher ist es wichtig, die aktuelle JAEG zu kennen.

Ein Beispiel: Angenommen, ich bin angestellt und erhalte zum 1. Juli 2024 eine Gehaltserhöhung. Mein voraussichtliches Brutto-Einkommen liegt für 2024 dadurch bei 72.000 Euro, also über der aktuellen Grenze von 69.300 Euro. Kann ich in die PKV wechseln?

Ja, das können Sie – in diesem Fall mit einer Kündigungsfrist von zwei Monaten. Früher mussten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer drei Jahre lang ein Gehalt über der Jahresgrenze nachweisen, um in die private Kranken­versicherung wechseln zu dürfen. Das ist heute anders: Es genügt, vorausschauend das Einkommen der nächsten zwölf Monate zu berechnen. Dazu zählen Ihr Brutto-Arbeitsentgelt, aber auch zugesicherte Einmalzahlungen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie weitere Einkünfte wie zum Beispiel Mieteinnahmen.

Wenn ich in die PKV wechseln möchte, muss ich mich zunächst von der Versicherungspflicht befreien lassen. Wie geht das?

Als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer können Sie die Chance für den Wechsel in die private Kranken­versicherung gar nicht verpassen: Wenn Sie wegen Ihres Jahresverdienstes ­versicherungsfrei werden, meldet Ihr Arbeitgeber das Ihrer Krankenkasse. Diese informiert Sie, sodass Sie über einen Wechsel in die PKV nachdenken können.

Wie ist das mit der Versicherungspflicht bei Selbstständigen?

Hauptberuflich Selbstständige sowie Beamtinnen und Beamte sind in der gesetzlichen Kranken­versicherung nicht pflichtversichert. Daher müssen sie sich auch nicht befreien lassen, wenn sie Mitglied einer privaten Kranken­versicherung werden möchten. Anders ist es bei Studierenden, die zuvor gesetzlich krankenversichert waren: Sie müssen sich zu Beginn des Studiums oder nach dem Ende der Familien­versicherung mit 25 Jahren von der Versicherungspflicht befreien lassen. Dann können sie in die PKV wechseln.

Vom Schulabschluss bis zur Rente ändert sich die Lebenssituation immer wieder – zum Beispiel durch eine Hochzeit oder Schwangerschaft. Wie wirkt sich die Elternzeit auf den Versicherungsstatus aus?

Grundsätzlich gilt: Der vorherige Versicherungsstatus bleibt in der Elternzeit erhalten. So bleibt eine privat versicherte, angestellte Ingenieurin auch während des Mutterschutzes und der Elternzeit in der PKV, selbst wenn sie die Einkommensgrenze längere Zeit unterschreitet. Nimmt sie jedoch in der Elternzeit eine Teilzeitbeschäftigung auf, muss sie sich in der gesetzlichen Kranken­versicherung – kurz: GKV – versichern. Von dieser Versicherungspflicht kann sie sich jedoch für die Dauer der Elternzeit befreien lassen.

Könnte diese Frau während der Elternzeit auch in die Familien­versicherung ihres gesetzlich versicherten Ehemannes?

Nein, die beitragsfreie Familien­versicherung über den Partner oder die Partnerin ist für privat Versicherte in der Elternzeit nicht möglich. Die Ingenieurin muss ihre Versicherungsprämien zur PKV während der Elternzeit selbst tragen – auch den Anteil, den ihr Arbeitgeber normalerweise leistet. Selbstverständlich hat die junge Mutter, wie alle anderen privat oder gesetzlich Krankenversicherten, Anspruch auf Elterngeld.

Nehmen wir einen anderen Fall: Ein freiwillig gesetzlich versicherter Rechtsanwalt geht nach der Geburt seines ersten Kindes ein halbes Jahr lang in die Elternzeit. Muss er weiterhin Beiträge an die gesetzliche Kranken­versicherung zahlen?

Ja, auch freiwillige Mitglieder zahlen in der GKV während der Elternzeit Beiträge. Da diese vom Einkommen abhängig sind, zahlt der Anwalt möglicherweise nur den Mindestbeitrag. Beitragsfrei bleibt nur, wer schon vor der Geburt des Kindes durch die Ehepartnerin oder den Ehepartner in der GKV familienversichert war. Gut zu wissen: Das Elterngeld bleibt bei der Berechnung des zulässigen Gesamteinkommens in der Familien­versicherung außen vor.

Noch einmal zurück zur privaten Kranken­versicherung: Wie geht es da nach der Elternzeit weiter – zum Beispiel im eben geschilderten Fall der Ingenieurin?

Wenn die junge Mutter nach ihrer Elternzeit wieder in Vollzeit in ihren Job einsteigt und ebenso viel verdient wie vor der Schwangerschaft, bleibt sie ­versicherungsfrei. In der Praxis kommt es jedoch oft vor, dass Mütter oder Väter von Kleinkindern ihre Arbeitszeit reduzieren. Sie erzielen dann ein geringeres Brutto-Arbeitsentgelt und werden wieder in der GKV ­versicherungspflichtig. Aber es gibt unter bestimmten Bedingungen eine Möglichkeit, sich von der Versicherungspflicht befreien zu lassen.

EIne glückliche Familie mit zwei Kindern im Bett.

Für die Elternzeit gelten Besonderheiten in der privaten Kranken­versicherung.

Welche Voraussetzungen muss die Ingenieurin dafür erfüllen? Muss sie eine bestimmte Einkommensgrenze erreichen?

Wenn die Ingenieurin nach der Elternzeit in Teilzeit arbeitet, maximal 50 Prozent, kann sie sich innerhalb von drei Monaten nach Ende der Elternzeit von der Versicherungspflicht befreien lassen. Wichtig ist dafür, dass ihr Gehalt, hochgerechnet auf eine Vollbeschäftigung, weiterhin oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze liegen würde. Und die junge Mutter muss zu diesem Zeitpunkt bereits seit fünf Jahren ­versicherungsfrei sein, wobei die Elternzeit dazuzählt. Da jeder Fall etwas anders liegt, ist es empfehlenswert, sich rechtzeitig bei seiner Kranken­versicherung zu informieren.

In der Tat ist das Thema ganz schön komplex. Das beginnt schon bei Begriffen wie Jahresarbeitsentgeltgrenze oder Beitragsbemessungsgrenze, die oft zu Verwechslungen führen. Können Sie den Unterschied kurz erläutern?

Gerne: Eine Parallele ist, dass auch für die Beitragsbemessungsgrenze die Einnahmen der versicherten Person entscheidend sind. Für diese Einnahmen ist eine Obergrenze definiert. Bis zu dieser Grenze – der Beitragsbemessungsgrenze – werden die Einnahmen herangezogen, um Beiträge zu den gesetzlichen Versicherungen zu berechnen. Die Beitragsbemessungsgrenze erfüllt also einen anderen Zweck als die Jahresarbeitsentgeltgrenze, die für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den Zugang zur privaten Kranken­versicherung regelt.

Wie hoch ist die Beitragsbemessungsgrenze zum Beispiel für die gesetzliche Kranken­versicherung?

Für die GKV liegt die Beitragsbemessungsgrenze für 2024 bei 5.175 Euro pro Monat. Bei schwankenden Bezügen – zum Beispiel durch Provisionen – dient eine Prognose des erwarteten Jahresarbeitsentgelts als Basis für die Berechnung. Das ist wieder ähnlich wie bei der Feststellung der Jahresarbeitsentgeltgrenze, die ich am Anfang beschrieben habe.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Bläsing. Gut, dass es Expertinnen und Experten wie Sie gibt, die den Versicherten von SIGNAL IDUNA beratend zur Seite stehen.

Über die Autorin

User Experience Researcher
Jennifer Wysmolek

Jennifer Wysmolek arbeitet bei der SIGNAL IDUNA als User Researcherin im Bereich der Krankenvoll­versicherung und Beihilfe. Im Fokus steht dabei die Entwicklung kundenzentrierter Lösungen zum Schutz der Gesundheit unserer Kunden und Kundinnen. In ihrer Freizeit wandert die Hamburgerin gern in der Natur und findet große Freude an kreativen Tätigkeiten.

Jennifer Wysmolek

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