Auszahlung der Lebens­versicherung: Wie läuft das ab?

Karin Linden
8 Min. Lesezeit

Es gibt Versicherungen, die nehmen wir mehrmals im Leben in Anspruch, zum Beispiel eine Haftpflicht- oder eine Zahnzusatz­versicherung: Die meisten von uns wissen, wie die Auszahlung abläuft, wenn wir einen Ball ins Fenster des Nachbarn geschossen haben oder die Rechnung für die letzte Zahnreinigung beglichen werden soll. Und dann gibt es Versicherungen, die nur einmalig leisten – wie die Lebens­versicherung. Was gilt es hier zu beachten?

Veröffentlicht am 14. November 2023

Ein älteres Paar steht an einer Küste und lächelt sich an.

Überblick

  • Es gibt grundsätzlich zwei verschiedene Arten der Lebens­versicherung: Risikolebens­versicherung und kapitalbildende Lebens­versicherung.
  • Die Risikolebens­versicherung zahlt im Todesfall der versicherten Person eine bei Vertragsabschluss vereinbarte Versicherungssumme an die Hinterbliebenen aus.
  • Die kapitalbildende Lebens­versicherung zahlt sowohl bei Tod als auch Erleben der Vertragslaufzeit eine Versicherungssumme an die Hinterbliebenen bzw. die versicherte Person aus.
  • Es kann in verschiedenen Situationen zur Auszahlung kommen: durch Ablauf der Vertragslaufzeit, Eintritt des Versicherungsfalls oder vorzeitige Kündigung.

Lebensversicherung: Welche Modelle gibt es und wer bekommt was?

Zur Absicherung des Einkommens gibt es in der Lebens­versicherung zwei grundlegende Modelle: die Risikolebens­versicherung und die kapitalbildende Versicherung.

Die Risikolebens­versicherung greift im Todesfall der versicherten Person und zahlt eine bei Vertragsabschluss vereinbarte Versicherungssumme an die Hinterbliebenen aus. Stirbt die versicherte Person nicht während der Vertragslaufzeit, bekommt niemand Geld.

Die kapitalbildende Lebens­versicherung zahlt in beiden Fällen aus: beim Tod der versicherten Person an die Hinterbliebenen sowie bei Erleben der Vertragslaufzeit an die versicherte Person. Eine besondere Form der kapitalbildenden Lebens­versicherung ist die fondsgebundene Lebens­versicherung: Hier wird das angesparte Kapital am Aktienmarkt investiert, um eine höhere Versicherungssumme zu erreichen.

Weil die kapitalbildende Variante weniger zeitgemäß ist und kaum noch angeboten wird, betrachten wir diese zwar mit, konzentrieren uns im Artikel aber auf die Risikolebens­versicherung.

Risikolebensversicherung: Wann kommt es zur Auszahlung?

Die Risikolebens­versicherung sichert Ihre Hinterbliebenen ab, wenn durch Ihren Tod eine finanzielle Lücke entsteht. Es geht also in erster Linie darum, andere abzusichern. In diesen Fällen kommt es zur Auszahlung – ein Überblick:

  1. Die versicherte Person stirbt und hat Bezugsberechtigte im Vertrag angegeben: Die bezugsberechtigten Personen erhalten die Versicherungssumme zu gleichen Teilen oder, falls im Vertrag festgehalten, zu prozentualen Anteilen.

  2. Die versicherte Person stirbt und hat keine Bezugsberechtigten im Vertrag angegeben: In diesem Fall gilt die gesetzliche Erbfolge – angefangen mit der Ehepartnerin oder dem Ehepartner, den Kindern und so weiter.

  3. Frühzeitige Kündigung: Brauchen Sie die RLV nicht mehr, erhalten Sie als versicherte Person den so genannten Rückkaufswert – eine in der Regel sehr geringe Auszahlung. Mehr darüber erfahren Sie auch in unserem Ratgeberartikel zum Thema Rückkaufswert der Lebens­versicherung.

Risikolebensversicherung: Wer muss für die Auszahlung aktiv werden?

Tritt der Versicherungsfall ein, müssen Ihre Hinterbliebenen Ihren Tod beim Versicherer melden. Welche Todesursache vorliegt, spielt erst einmal keine Rolle. Auch Suizid ist mitversichert, es kann in diesem Fall aber zu längeren Wartezeiten kommen (je nach Versicherer zwei bis drei Jahre ab Vertragsabschluss). 

Checkliste für den Leistungsfall 

Damit Sie und Ihre Hinterbliebenen bestmöglich vorbereitet sind, hier eine Checkliste mit den Unterlagen, die der Versicherer für die Auszahlung braucht:  

  • Versicherungsschein: Der Versicherer benötigt das Original. Tipp: Heften Sie den Versicherungsschein gut ab und lassen Ihre Hinterbliebenen wissen, wo sie ihn finden können. Machen Sie außerdem eine Kopie, damit ihre Hinterbliebenen ein zusätzliches Dokument haben, wenn sie das Original einreichen. 
  • Sterbeurkunde: Hierfür ist der Bestatter der richtige Ansprechpartner. Er benötigt zum Ausstellen der Urkunde den Totenschein, die Geburtsurkunde und einen Personalausweis, unter Umständen zusätzlich eine Heirats- oder Scheidungsurkunde.  
  • Erbschein: Er ist nur relevant, wenn in der RLV keine begünstigten Personen eingetragen wurden. Ihre Hinterbliebenen sollten dies zuerst prüfen, bevor sie zum Notar gehen – denn ein Erbschein kann schnell kostspielig werden.
Frau prüft Informationen in einem Ordner mit Dokumenten in Großaufnahme. Konzept für Verwaltungstätigkeiten

Ordnung zahlt sich aus: Heften Sie Ihren Versicherungsschein dort ab, wo ihn Ihre Hinterbliebenen schnell finden können.

Risikolebensversicherung: Wie viel Geld kann ich erwarten?

Damit Ihre Familie bestmöglich abgesichert ist, sollten Sie im Voraus die Versicherungssumme sorgfältig kalkulieren und einen Betrag wählen, der Ihr Gehalt für eine gewisse Zeit kompensiert. Stiftung Warentest empfiehlt das Drei- bis Fünffache des Jahresgehalts als Versicherungssumme. Während der Laufzeit können ein paar Faktoren die Versicherungssumme zusätzlich begünstigen:

  • Überschüsse: Diese erwirtschaften Sie während der Laufzeit über die gezahlten Beiträge. Bei Vertragsabschluss können Sie wählen, ob Sie mit den Überschüssen die laufenden Beiträge reduzieren oder die Versicherungssumme erhöhen möchten.
  • Dynamik: Mit Wahl einer dynamischen Variante schützen Sie sich zusätzlich vor einem Wertverlust durch Inflation.
  • Boni: Einige Tarife bieten zu bestimmten Ereignissen automatisch eine höhere Versicherungssumme. So erhöht die SIGNAL IDUNA beispielsweise die Versicherungssumme bei der Geburt oder Adoption von Kindern um 25 Prozent in den ersten sechs Monaten (max. 25.000 Euro).

Die Versicherungssumme wird nach dem Tod der versicherten Person als gesamte Summe ausgezahlt. Mit einer Ausnahme: Erhält die versicherte Person eine Diagnose mit einer Lebenserwartung von weniger als zwölf Monaten, so bieten manche Versicherer die Möglichkeit, die Summe auch schon vor dem Tod auszuzahlen.

Risikolebensversicherung: Muss ich die Auszahlung versteuern?

Die gute Nachricht: Die ausgezahlte Versicherungssumme muss nicht als Einkommen versteuert werden. Die zweite gute Nachricht: Die Beiträge können während der Laufzeit als Ausgaben steuerlich geltend gemacht werden.  

Entscheidend bei der Auszahlung sind jedoch die Regelungen der Erbschaftssteuer. Ob die Versicherungssumme in die Erbschaftssteuer fällt, hängt vom Verwandtschaftsverhältnis und der Höhe der gesamten Erbmasse ab. Bleibt nämlich die gesamte Erbmasse unter einem bestimmten Freibetrag, so wird keine Erbschaftssteuer fällig. Wie hoch der Freibetrag ist, hängt wiederum vom Verwandtschaftsverhältnis ab.

Übersicht über die Freibeträge nach der Erbschaftssteuerregelung 2023:

  • Ehepartner, eingetragene Lebenspartner: 500.000 € 
  • Kinder, Stief- und Adoptivkinder: 400.000 € 
  • Enkelkinder: 200.000 €
  • Eltern und Großeltern: 100.000 €
  • Alle übrigen Erben: 20.000 €  

Kapitalbildende Lebensversicherung: Wann kommt es zur Auszahlung?

Grundsätzlich sind die Bedingungen für eine Auszahlung ganz ähnlich wie bei der Risikolebens­versicherung. Es ergeben sich lediglich kleine Unterschiede, auch hier unterscheiden wir drei Fälle:

  1. Die versicherte Person stirbt: Ihre Hinterbliebenen erhalten genau wie bei der RLV die Versicherungssumme ausgezahlt.

  2. Ende der Vertragslaufzeit ist erreicht: Sie erhalten als versicherte Person das angesparte und verzinste Kapital – abzüglich Risiko- und Verwaltungskosten.

  3. Frühzeitige Kündigung: Auch hier ist es wie bei der RLV, und Sie erhalten den Rückkaufswert, der in der Regel gering ausfällt und wenig rentabel ist.
Rätselhaftes Puzzlespiel: Senioren setzen auf Teamwork.

Eine Kapitallebens­versicherung kann als private Altersvorsorge dienen. Nach dem Ende der Vertragslaufzeit – zum Beispiel beim Eintritt ins Rentenalter – wird das angesparte Kapital ausgezahlt.

Kapitalbildende Lebensversicherung: Ist eine Teilauszahlung möglich und sinnvoll?

Möglich teilweise ja, sinnvoll eher weniger. Aus einem einfachen Grund: Wenn der Versicherer eine Auszahlung in Form einer lebenslangen Rente ermöglicht, besteht die Gefahr, dass Sie vor Ablauf sterben – und viel Geld verloren geht.

Kapitalbildende Lebensversicherung: Muss ich die Auszahlung versteuern?

Die Besteuerung ist bei der kapital- und fondsgebundenen Lebens­versicherung anders als bei der Risikolebens­versicherung: Hier spielt die Einkommensteuer durchaus eine Rolle. Einen entscheidenden Unterschied macht der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses:

  • Bis Ende 2004: Dann müssen die Erträge nicht versteuert werden, auch der so genannte Sparerpauschbetrag bleibt unberührt.  
  • Ab 2005: Die Erträge müssen grundsätzlich versteuert werden. Es gibt aber Abweichungen, wie viel von der Summe versteuert werden muss – abhängig von Laufzeit und Alter der versicherten Person. Zum Beispiel: Bei einer Laufzeit von zwölf Jahren und einer Auszahlung nach dem 60. Lebensjahr muss nur die Hälfte versteuert werden (bei Verträgen ab 2021 gilt dies ab dem 62. Lebensjahr).

Fazit

Beide Versicherungen sind dafür da, finanzielle Lücken zu schließen, doch es gibt einen entscheidenden Unterschied in Sachen Auszahlung: Während die Risikolebens­versicherung die vereinbarte Summe nur im Falle Ihres Todes an Ihre Hinterbliebenen auszahlt, so leistet die kapitalbildende darüber hinaus auch, wenn Sie das Ende der Vertragslaufzeit erleben. In diesem Fall erhalten Sie als versicherte Person selbst die Summe.

Fragen und Antworten

In der Regel wird die Versicherungssumme als einmalige Zahlung ausgezahlt. Es gibt aber teilweise die Möglichkeit, sie in eine lebenslange Rente umzuwandeln. Hier besteht jedoch das Risiko, dass die versicherte Person stirbt, bevor die gesamte Summe in Rentenform ausgezahlt wurde.

Nein, die RLV dient der Absicherung der Hinterbliebenen. Daher erfolgt die Auszahlung nur nach dem Tod der versicherten Person. Einzige Ausnahme: Manche Versicherer bieten eine sogenannte vorgezogene Todesfallleistung an bei der Diagnose einer tödlichen Krankheit mit einer Lebenserwartung von weniger als zwölf Monaten. Dann kann die Versicherungssumme bereits vor dem Tod der versicherten Person ausgezahlt werden.

Bei der Risikolebens­versicherung müssen sich die Hinterbliebenen für die Auszahlung melden. Bei der kapital- und fondsgebundenen Variante meldet sich der Versicherer in der Regel vor Ablauf der Laufzeit.

Wer Hartz IV beziehungsweise Bürgergeld beantragt, bekommt die staatliche Unterstützung erst, wenn das angesparte Vermögen aufgebraucht ist. Eine Kapitallebens­versicherung muss also vorzeitig aufgelöst werden, mit einer Ausnahme: Die Pflicht entfällt, wenn die Auflösung unwirtschaftlich wäre. Mit einem sogenannten Verwertungsausschluss können Sie sich zusätzlich absichern: Dabei vereinbaren Sie, dass die Auszahlung des Kapitals erst mit dem Eintritt in den Ruhestand möglich ist.

Über die Autorin

Marktmanagerin
Karin Linden

Karin Linden ist als Marktmanagerin im Bereich Marketing für die SIGNAL IDUNA tätig. Als Expertin für die Themen Arbeitskraftabsicherung  und Risikoabsicherung verfasst sie informative Ratgeberbeiträge. Ihr Fachwissen gibt sie zudem bei Vorträgen zur Dienstunfähigkeitsabsicherung für Beamtinnen und Beamte weiter. In ihrer Freizeit genießt die Juristin ausgedehnte Spaziergänge mit ihren Hunden.

Karin Linden

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